Weiskerns Nachlass by Christoph Hein

Weiskerns Nachlass by Christoph Hein

Autor:Christoph Hein
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2010-12-31T23:00:00+00:00


Zwölf

Aberte antwortet ihm erst drei Tage später. Er werde in zwei Tagen quer durch das Land reisen, vom Norden Richtung Süden, und falls Stolzenburg in Leipzig sei, wie er in seiner allerersten E-Mail mitgeteilt hatte, könnten sie sich in fünf Tagen treffen, er werde am vierzehnten November gegen Mittag in Leipzig sein, allerdings müsse er am Abend zu einem geschäftlichen Dinner und am nächsten Morgen weiterfahren, so dass nur an diesem Tag und nur zwischen vierzehn und achtzehn Uhr ein Treffen möglich sei. Er möge ihm in den nächsten vierzig Stunden mitteilen, ob ihm der Termin passe, in diesem Fall würde er die Weiskern-Briefe mitnehmen. Stolzenburg solle ihm zusätzlich seine Handy-Nummer zukommen lassen, damit sie sich kurzfristig verabreden könnten. Eine Barzahlung, schreibt er zum Schluss, wäre ihm viel lieber, da er andernfalls seine Buchhaltung zuvor mit einer aufwendigen Bonitätsprüfung beauftragen müsse. Eine ordnungsgemäße und finanzrechtlich korrekte Rechnung werde er mitbringen, so dass Stolzenburg seinerseits abgesichert sei.

Wieder hat er keine Adresse angegeben und auch keine Telefonnummer, was ungewöhnlich war, wenn er sich in ein paar Tagen mit ihm verabreden wolle. Er leitet Abertes E-Mail an Magister Krebs weiter und versucht, ihn am nächsten Morgen in Wien zu sprechen, doch eine Frauenstimme erklärt, der Magister sei nicht im Hause und nur donnerstags im Dorotheum zu erreichen. Bevor sie auflegen kann, sagt er rasch, er brüllt es fast, dass er nicht bis Donnerstag warten könne, es sei ein dringlicher Fall, der für Krebs und das Auktionshaus von großer Bedeutung sei. Der Magister müsse sofort über etwas Wichtiges informiert werden, er brauche eine Telefonnummer, unter der er Krebs erreichen oder ihm etwas mitteilen könne, er müsse ihn dringend sprechen. Die Frau fragt ihn nach seiner Telefonnummer und verspricht, sich darum zu kümmern. Drei Stunden später ruft Krebs an, er hat die E-Mail von Aberte gelesen, bittet ihn, dem Treffen zuzustimmen, und verspricht ihm, er werde keinerlei Kosten oder Unbill haben, die Kriminalpolizei in Wien spreche alles mit ihren sächsischen Kollegen ab, die meldeten sich dann bei ihm. Da Stolzenburg zögert, sagt Krebs, es wäre auch für ihn vorteilhaft, die Sache aufzuklären, schließlich habe dieser Herr es auf sein Geld abgesehen, und im Auktionshaus sei er, Krebs, der Einzige, der davon überzeugt ist, dass Stolzenburg nichts mit der Fälschung zu tun habe.

Stolzenburg willigt schließlich ein. Nach dem Telefonat teilt er Aberte mit, er erwarte ihn am Freitag. Er habe zwar am Nachmittag des Vierzehnten ein Seminar, werde aber alles arrangieren, um zum Treffen zu kommen. Unter seinen Namen schreibt er seine Handynummer und bittet nochmals um diejenige von Aberte. Ihm ist unwohl, als er die E-Mail abschickt, offenbar hat ihn jemand betrügen wollen, und gegen seinen Willen wird er nun in eine kriminalistische Aktion hineingezogen, die ihm lächerlich erscheint und für ihn unangemessen. Er ist dabei, zum Helden oder Akteur einer polizeilichen Ermittlung zu werden, zum Lockvogel der Kriminalpolizei, und überdies fühlt er sich genötigt. Man zwingt ihn mitzuspielen, um sich von dem Verdacht zu befreien, an einem Betrugsversuch beteiligt zu sein.

Am nächsten Morgen ruft Aberte ihn an.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.